Diese Website verwendet Cookies. Wenn Sie die Website weiter nutzen, stimmen Sie der Verwendung von Cookies zu. Weitere Informationen zu Cookies erhalten Sie in unserer Datenschutzerklärung.
Fachtagung der Bundesarbeitsgemeinschaft Katholische Polizeiseelsorge in Paderborn / 09. bis 12. Mai 2022
Er sprach auch die besondere geschichtliche Situation an. Die Polizeiseelsorgerinnen und -Seelsorger begannen ihr Treffen ja an Tagen, in denen das Gedenken an das Ende des II. Weltkrieges begangen wird und es war nicht klar was Präsident Putin bei der Siegesfeier in Moskau sagen würde. Bisher war das ein Gedenken an die Schrecken und Gräueltaten des Krieges und die Hoffnung auf weiteren Frieden in Europa. Die Spekulationen und Befürchtungen waren ja groß. Gott sei Dank gab es außer den bekannten rhetorischen Floskeln aber keine neue verbale Eskalation.
In der Vesper wurden ausscheidende Polizeiseelsorger verabschiedet und neue herzlich begrüßt.
Bei der anschließenden Mitgliederversammlung berichtete Weihbischof Bischof darüber, dass das Amt des Beauftragten für die Polizeiseelsorge in Bund und Ländern jetzt nicht mehr befristet und er auch noch Beauftragter der Freisinger Bischofskonferenz für Bayern ist. Das ist ein erneuter Aufgabenzuwachs, der aber erfreulicherweise und erstaunlicherweise dazu geführt hat, dass es einen Geschäftsführer für die BAG Polizeiseelsorge gibt.
Michael Hartmann, der bisher ja bereits in ganz geringem Umfang in diesem Bereich mitgearbeitet hat, wird diese Aufgabe übernehmen.
Georg Hug berichtete aus der Mittags abgehaltenen Konferenz der Landes- und Diözesanbeauftragten für die Polizeiseelsorge in den Ländern über die ganz unterschiedliche Situation vor Ort, die in diesem Gremium ausgetauscht wurde. Ein Thema war die Corona-Situation der Seelsorgerinnen und Seelsorger, die manches ver- und behindert hat, aber auch kreative Impulse freigesetzt hat. Die aber auch die Arbeit der Polizei in den letzten zwei Jahren besonders geprägt hat.
Sehr unterschiedlich ist auch die Einschätzung der Zukunft der Polizeiseelsorge in den Ländern und Diözesen. Was ist noch leistbar? Wird es noch genügend Personal geben? Werden die Diözesen noch Seelsorger und Seelsorgerinnen für diese Aufgabe bereitstellen (können)?
Georg Hug berichtete auch über die Romwallfahrt der Polizeiseelsorge, die als gut organisiert und insgesamt positiv wahrgenommen wurde, aber die auch an einigen Stellen verbessert werden kann, sollte es wieder eine Fahrt geben. Nach der Erfahrung der ersten nationalen Polizeiwallfahrt gibt es zumindest den Mut über weitere Fahrten nachzudenken.
Michael Hartmann informierte noch über die nächsten Fachtagungen, deren Termine bereits feststehen.
22.-25.05.2023 - Augsburg
13.-16.05.2024 - Münster (100 Jahre Polizeiseelsorge in Münster)
05.-08.05.2025 - Berlin
10.05.2022
Dr. Carsten Dübbers, der Leiter der Stabsstelle rechtsextremistische Tendenzen in der Polizei NRW referierte zunächst dazu, wie es zur Einrichtung dieser Stelle gekommen ist.
Im Rahmen eines anderen Verfahrens wurde festgestellt, dass es Chatgruppen in der Polizei gibt, in denen Inhalte zu finden waren, die dort nicht sein sollten. Das waren zunächst gar keine ganz gravierenden Inhalte, die tolerabel gewesen wären, die allerdings durchaus hinterfragt werden können und sollten. Es gab aber Subgruppen in denen eindeutig extremistische Inhalte zu finden waren.
Der Innenminister Herbert Reul hat sehr schnell und klar reagiert. Dass Polizistinnen und Poliizisten solche Inhalte dulden gegebenenfalls sogar verbreiten ist nicht akzeptabel.
Allerdings war und ist es gar nicht ganz so einfach solche Dinge strafrechtlich und dienstrechtlich zu ahnden.
Die Leitung hat sich die Frage gestellt und die Beteiligten sollten sich die Frage auch stellen: Warum bekommt man so etwas? Und warum meldet man so etwas nicht?
Es entstand die Idee nicht nur repressiv zu reagieren, sondern auch präventiv zu verbessern, aufzuklären und die Ursachen zu beseitigen.
So wurde die Stabsstelle eingerichtet und mit ihrer Arbeit betraut.
Die Erhebung, die die Stabsstelle durchgeführt hat, ergab, dass es nur in Ausnahmefällen ein geschlossenes rechtsextremes Weltbild von Polizistinnen und Polizisten gibt. Aber es gibt viele Verstöße gegen die Menschenwürde. Es gibt eine gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit.
Die Stabsstelle hat dann 18 Handlungsverschläge ausgearbeitet, die jetzt umgesetzt werden.
Unter anderem wird vorgeschlagen die Medienkompetenz zu schulen und zu stärken.
Supervision bzw. Alltagsreflexion soll eingeführt werden. Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Auswahl von Führungskräften. Diese sollen, bevor sie die Aufgabe übernehmen qualifiziert werden. (erst der Führerschein, dann das Fahren)
Zusammengefasst ist die Arbeit der Stabsstelle bis zum jetzigen Zeitpunkt in einem Abschlussbericht, der über die Hompage der Polizei NRW eingesehen werden kann.
In Kleingruppen wurden die Themen, Thesen, Impulse des Vortrags von Dr. Dübbers dann von den Tagungsteilnehmerinnen und -teilnehmern diskuttiert.
Frau Professorin Dr. Anja Schiemann, ehemals DHPol, jetzt Köln, stellte einige vorläufige Ergebnisse des Projektes MEGAVO vor. (Motivation, Einstellungen, Gewalterfahrungen im Alltag des Polizeivollzugsdienstes.)
Der Zusammenhalt in der Polizeifamilie, in der Gefahrengemeinschaft, wurde als sehr wichtig rückgemeldet. Man/frau muss sich aufeinander verlassen können. Und dieser Zusammenhalt und auch die entsprechenden Gespräche mit Kolleginnen und Kollegen helfen bei der Verarbeitung von belastenden Erfahrungen und hat eine stützende und motivierende Funktion.
KollegInnen, deren Einstellung sich verändert haben, werden aufgefangen und eingefangen.
In den Kontrollsituationen fand im beobachteten Polizeialltag kein racial Profiling statt. Aber es wird im Berufsalltag auf Erfahrungswissen zurückgegriffen. Dieses wird oft verallgemeinert. Dieses Narrativ kann dazu führen, dass eine objektive Sicht verlorengeht.
Es ist ein Bewusstsein für Themen wie Rassismus oder Diskriminierung auf allen Ebenen im Polizeialltag vorhanden. Die öffentliche, mediale Aufmerksamkeit hat da durchaus einiges bewirkt.
Es gibt gegenüber anderen Studien (beispielsweise einer Studie in Hessen) kein besonders abweichendes Ergebnis zur politischen Selbstverortung zwischen links und rechts. Die überwiegende Zahl befindet sich in der Mitte.
Es gibt eine sehr große Zustimmung zu wichtigen Punkten der demokratischen Grundordnung und gegen Verschwörungstheorien. Dass die Demokratie trotz allem die beste Staatsform wäre, wird überwiegend bejaht.
In der Demokratie sollten die Würde und Gleichheit aller an erster Stelle stehen erfährt sehr viel Zustimmung.
Unruhestifter sollten deutlich zu spüren bekommen, dass sie in der Gesellschaft unerwünscht sind, befürworten 32 %. Dass gesellschaftliche Regeln ohne Mitleid durchgesetzt werden sollten, befürworten 17 %.
Eindeutig gibt es keinen Antisemitismus und keine Muslim- bzw. Islamfeindlichkeit. Beim Antiziganismus sieht das Bild etwas anders aus - etwas schlechter.
Auch zu Fremden in Deutschland gibt es ein positives Bild.
Zu Asylsuchenden gibt es ein gemischtes Bild, allerdings tendiert es zu einer positiven Einstellung.
Es kann festgestellt werden: Gruppenbezogene Menschenfeidlichkeit gibt es in der Polizei. Aber sie ist nicht signifikant höher, als in anderen gesellschaftlichen Bereichen.
Es ist jetzt die Aufgabe noch viele differenzierter einzelne Bereiche, eventuell Frauen und Männer, oder spezifische Arbeitsbereiche anzuschauen.
11. 05. 2022
Polizeipräsident a.D. Harald Schneider referierte zum Thema: rechtsextremistische Verdachtsfälle in Polizeibehörden - was heißt das für das Selbstverständnis und die Verantwortung der Polizei in einer pluralistischen Gesellschaft.
Harald Schneider wurde zum Mitglied einer Expertenkommission der Polizei in Hessen und dann vor ca. anderthalb Jahren zum Integritätsbeauftragten berufen. Ausgangspunkt waren die rechtsextremistischen Chats, die bei Polizistinnen und Polizisten gefunden wurden und die Vorgänge um NSU2.0.
Für ihn ist die Leitfrage: Ist eine Handlung ethisch moralisch mit dem Beruf des Polizisten, der Polizistin vereinbar. Er ist nicht auf der Suche nach Fehlverhalten; er reagiert nicht (nur) sondern geht von sich aus auf Dienststellen zu und kommt mit den Kolleginnen und Kollegen darüber ins Gespräch für welche Werte und Normen die Polizei steht und wie wichtig es ist diese Werte vorzuleben.
Ihm ist wichtig: Jeder und jede in der Polizei ist gefordert, dass das Vertrauen in die Polizei wieder hergestellt wird. Allerdings ducken sich da einige weg und machen andere verantwortlich. Diese Sicht, dass alle mit beizutragen haben, ist ausbaufähig.
Für Harald Schneider gehört zu Integrität:
Übereinstimmung der eigenen Ideale und Werte mit der tatsächlichen Lebenspraxis.
Reden, Verhalten und Handeln entsprechen dem persönlichen und beruflichen Wertesystem.
Im Außenverhältnis ist die Polizei Garant für Demokratie und Menschenrechte. Sie ist Hüterin der freiheitlich demokratischen Grundordnung.
Für Harald Schneider ist unumstößlich was die Vorsitzende der Expertenkommission im Vorwort zum Abschlussbericht der Arbeit Verantwortung der Polizei in einer pluralistischen Gesellschaft geschrieben hat: Die Gesellschaft muss auf die Polizei, auf jede einzelne Polizistin und jeden einzelnen Polizisten, vertrauen können. Wer auch immer um Hilfe ruft, muss sicher sein, dass diejenigen, die kommen, für die freiheitliche demokratische Grundordnung einstehen.
Es ist und bleibt die spannende und bedrückende Frage warum niemand mal den Finger gehoben hat und zum Beispiel gesagt hat: Wenn ihr nicht aufhört, gehe ich aus der Gruppe raus, oder gehe ich zum Vorgesetzten.
Da müssen wir darüber reden.
Es gelte an den Themen des polizeilichen Selbstbewusstseins dranzubleiben. Es braucht die regelmäßige berufsbegleitende Bewusstmachung, Sensibilisierung und Besinnung auf Werte und Ideale. Ethische und moralische Ansprüche und Themen müssen Normalität werden.
In der anschließenden Podiumsdiskussion mit den Referenten Schneider, Dr. Dübbers und Kriminaldirektorin Könning unter der Leitung von Polizeiseelsorger Dr. Christian Stenz wurden die Punkte der Vorträge vertieft. Insbesondere die Frage wie Führungskräfte befähigt und entlastet werden können, um ihre Führungsaufgaben wahrzunehmen.
Spannend war auch die Frage, ob die Lehrenden, die Begleitenden sich nicht besser vernetzen müssten, um sich über die Lern- und Studiengruppen auszutauschen und auf Entwicklungen reagieren zu können.
Und wieder wurde betont, dass es wichtig ist auf allen Ebenen entsprechendes Verhalten vorzuleben und nicht zur zu fordern. Die jungen Kolleginnen und Kollegen brauchen auch Vorbilder.
Ein wichtiger Punkt war auch, dass die Polizei Strukturen bietet, in denen sich bestimmte Dinge besser, leichter entwickeln können. Deshalb muss auch auf Strukturen geachtet werden. Das hat Polizei immer wieder abgelehnt. Ausmaße sind nur möglich geworden, weil Strukturen nicht da waren, die verhindert haben; die eher begünstigt haben.
Neuwahl des Vorstandes der BAG
Es haben sich neun Personen zur Wahl in den Vorstand bereiterklärt. Die Kandidatinnen und Kandidaten haben sich kurz vorgestellt. Die Wahl wurde geheim durchgeführt.
Gewählt sind:
Anna Albert
Dr. Regina Postner
Torsten Thiel
Hubertus Kesselheim
Dr. Christian Stenz
Georg Hug
Es können bis zu drei weitere Personen in den Vorstand berufen werden.
Der Ethikbeauftragte an der DHPol, derzeit Dr. Michael Arnemann und der Dekan der Bundespolizeiseelsorge, derzeit Dr. Peter Wehr, können vom Vorstand kooptiert werden.
Dr. Michael Bredeck, Leiter des Bereichs Pastorale Dienste im Erzbistum Paderborn sprach zum Thema: Polizeiseelsorge in Umbruchszeiten der Kirche von Paderborn, Zukunftsbild, Weg 2030+
Aus Sicht des Seelsorgeamtsleiters gibt es erst einmal wenig Fragen an die Sinnhaftigkeit oder Notwendigkeit der Polizeiseelsorge. Wie auf andere kategoriale Bereiche auch.
Die Fragen für ihn liegen wo ganz anders. Im Bereich der Gemeinde. Wie geht es mit der Gemeinde weiter. Und dann: wie ist das Verhältnis von Territorial- und Kategorialseelsorge.
Er stellte fest: Wir arbeiten gleichzeitig für die Aufrechterhaltung und die Transformation. Aber Veränderung ist Sisyphusarbeit.
Die Idee für die Zukunft ist:
Kirche im Jahr 2030 wird diakonisch und missionarisch in die Gesellschaft hinein wirken.
Die Kirche wird aus der Kraft des Evangeliums leben und weniger aus finanzieller Stärke.
Wir müssen die Priorität auf Menschen setzen, statt auf Gebäude.
Er stellte dann eine Fragen an die Polizeiseelsorgerinnen und -Seelsorger, die zu einer regen Diskussion anregten.
Erzbischof Hans-Josef Becker bedankte sich im Dom beim Gottesdienst sowohl bei den Polizistinnen und Polizisten für ihre Arbeit, als auch bei den Polizeiseelsorgerinnen und -Seelsorgern.
In seiner Predigt führte er aus, dass die Polizei mit allen menschlichen Abgründen konfrontiert wird; mit dem Bösen. Und damit die Polizeiseelsorgerinnen und -Seelsorger auch. Aber es gibt auch das Gute in der Welt. Er stellte die Frage, wo und wie das Gute in die Welt kommt. Und beantwortete sie auch: Durch die Polizistinnen und Polizisten, durch die Seelsorgerinnen und Seelsorger kommt Gutes in die Welt.
Beim Empfang des Erzbischofs Paderborn bedankten sich Vertreterinnen des Innenministeriums, der Diözese Paderborn und Polizeibischof Bischof für die Arbeit der Polizei und der Polizeiseelsorge.